Gießener Allgemeine, 31.10.2024, von Constantin Hoppe
Mit der Südumgehung Reiskirchen bekommt auch die Frage nach der B49-Umgehung um Grünberg eine höhere Priorität. Nun steht die Zukunft der Planungen in den städtischen Gremien zur Beratung an.
Braucht Grünberg noch eine Umgehungsstraße? Diese Frage rückt nach dem Start der Vorbereitungsarbeiten für die Reiskirchener Südumgehung in den Fokus.
Die Grünen-Fraktion hat diese Frage zum Anlass für einen Antrag genommen. Mit dem Ziel, die Planungen für die Umgehungsstraße aus dem Bundesverkehrswegeplan streichen zu lassen. »Diese Umgehungsstraße ist nicht mehr zeitgemäß«, erklärte Edwin Theiß (Die Grünen) im Bau-, Landwirtschafts-, Umwelt- und Verkehrsausschuss der Stadt. »Besonders der Eingriff in Natur und Landschaft ist aus naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht mehr angemessen.«
Ob die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung das genauso sieht, bleibt abzuwarten. Diese wird am kommenden Donnerstag über den Antrag entscheiden. Doch bereits während der Ausschusssitzung entstand ein klares Stimmungsbild bezüglich der Ortsumgehung. Der Grünen-Antrag erhielt, bei zwei Enthaltungen der SPD-Fraktion, eine einstimmige Beschlussempfehlung. Der Ausschuss gibt damit ein deutliches Signal.
Bild: Entlang der B49 herrscht in Grünberg tagsüber starker Verkehr. ARCHIV © Constantin Hoppe
Bereits seit vielen Jahren ist die Nordumgehung um Grünberg im Gespräch und wurde 2014 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Seitdem gab es nur wenige konkrete Informationen bezüglich der Planung der Straße.
Bürgermeister Marcel Schlosser (CDU) begrüßte den Antrag. Bekanntlich sieht auch er ein weiteres Verfolgen der Umgehungsstraßenplanung als unnötig an. Inzwischen hat die Stadt Hessen Mobil angeschrieben, um dort nach dem Stand der Planung zu fragen. Die Antwort der Behörde sei vor Kurzem eingegangen: Die Umgehungsstraße ist als »Projekt mit weiterer Priorität« nachgehalten, ein Planungsauftrag bestehe demnach noch nicht. »Man weiß ja aus Reiskirchen, wie lange das dauern kann«, sagte der Rathauschef. »Wir reden also vermutlich von Jahrzehnten, bis hier überhaupt etwas geschehen würde.«
Zudem würden die alle fünf Jahre stattfindenden Verkehrszählungen einen Rückgang des Durchgangsverkehrs belegen, berichtete Schlosser. Wurden an der Ortsdurchfahrt in Grünberg auf der B49 in Fahrtrichtung Mücke im Jahr 2000 noch 11 000 Pkw pro Tag gezählt, stieg diese Zahl bis 2010 auf 13 000 an. Bereits 2015 gingen diese Zahlen jedoch rapide zurück. Lediglich 7100 Pkw wurden damals vermerkt. Bei der bislang letzten Zählung im Jahr 2021 wurden 8100 Pkw an dieser Stelle festgestellt. Gleiches gilt auch für die Durchfahrten von Lkw durch die Stadt: Von 400 gezählten Fahrzeugen pro Tag im Jahr 2000 stieg die Zahl bis 2010 auf 500 an, um dann wieder zu sinken. 2021 wurden noch 300 Lkw-Fahrten täglich gezählt.
Auch gebe es in der Grünberger Bevölkerung nur ein geringes Interesse an einer Umgehungsstraße, wie Schlosser sagte: »Zumindest hat mich seit Beginn meiner Amtszeit niemand darauf angesprochen.« Und letztlich gibt es da auch die frei werdenden Flächen zu bedenken.
Denn schon seit vielen Jahren muss die geplante Trasse für die Umgehungsstraße freigehalten werden. Gerade im Bereich des Grünberger Gewerbegebiets ein Ärgernis, belegt die Trasse doch einige Flächen, die für eine Erweiterung der dortigen Betriebe genutzt werden könnten.
Der Großteil der Fraktionen stellte sich hinter den Antrag der Grünen. »Aus unserer Sicht würde die Trasse nur wenig Erleichterung bringen«, erklärte Uwe Feldbusch für die CDU-Fraktion, er bekräftigte die Haltung seiner Fraktion zu den Argumenten des Bürgermeisters. Auch die Freien Wähler sehen das ähnlich, erklärte Jens Ufer: »Wenn dort erst in zehn bis 15 Jahren etwas geschieht, was bringt uns das noch?«
Kritischer geht dagegen die SPD-Fraktion mit dem Antrag ins Gericht. Sie sei verwundert über diesen, erklärte Anita Weitzel für ihre Fraktion und erinnerte an eine Bürgerbefragung im Jahr 2008: »Damals gaben die meisten der Innenstadtbewohner an, dass diese Straße dringend nötig sei.« Die B49 wurde damals als ein Teiler in der Stadt angesehen.
Zudem stehe in einigen Jahren der dreispurige Ausbau der A5 an und damit wird auch mehr Verkehr auf der Autobahn erwartet. »Und wenn es dann zu Unfällen kommt, fährt der Verkehr hier durch die Stadt.« Darum sehe es die SPD als fahrlässig an, die Umgehungsstraße aus dem Verkehrswegeplan zu entfernen, denn wenn diese in einigen Jahren doch gebraucht werde, stehe man mit leeren Händen da. »Wir verbauen uns da Optionen für die Zukunft«, sagte Weitzel.
Dem widersprach Reinhard Ewert (Grüne): »Wir verbauen uns da keine Optionen, sondern schaffen durch den Wegfall der Trasse neue.«
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